Schimmelpilz-Dekontamination von Archivalien

Sterilisation mit Ethylenoxid problemlos - Auswertung praktischer Erfahrungen

Ist die Sterilisation von Archivalien mit Ethylenoxid ein Problem? Die Antwort auf diese Frage sollte eine Auswertung praktischer Erfahrungen bei der Entwesung größerer Mengen an Archivalien bringen, die mit Schimmelpilz kontaminiert waren. Auftraggeber war das Brandenburgische Landeshauptarchiv, das die Firma Hygan mit der Durchführung beauftragt hatte. Ausgangslage der Untersuchung war das Problem, daß Archivalien oft mit Schimmelpilzen und deren Sporen besiedelt sind und deshalb dem Gesundheitsschutz der damit arbeitenden Archivare und Benutzer und auch dem Erhaltungszustand der Objekte besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist.

Die Hauptanliegen bei der Schimmelpilz-Dekontamination in Archiven sind:

  1. kontaminierte Archivalien der wissenschaftlichen Nutzung ohne Einschränkungen wieder zugänglich zu machen,
  2. die mit Schimmelpilzen und deren Sporen überdurchschnittlich belastete Luft in den Magazinräumen zu kontrollieren und qualitativ zu verbessern und
  3. durch die Behandlung auftretenden gefahrenbringenden Wirkungsmechanismen durch Chemikalien vorzubeugen.

Dies war die Anforderung an die Behandlung von 100 lfm stark mit lebenden Schimmelpilzen befallenen Akten.
Pathogene Pilze sind durch direkten Hautkontakt mit den Archivalien für die Verbreitung von Erregern der Hautmykosen und Systemmykosen verantwortlich. Unter ihnen befinden sich Dermatophyten wie Trichophyton und Microsporum, die Menschen wir Haustiere befallen können. Schleimhäute und innere Organe werden besiedelt von Candida albicans, Aspergillus fumigatus sowie Mucor-Arten.
Einzelne Arten wie auch Kombinationen können unter ungünstigen Bedingungen generalisieren und zu einem fatalen Krankheitsverlauf führen. Sporen und Konidien vieler Pilze sind allergieauslösende Stäube und können u.a. Asthma bronchiale verursachen. Jährlich sterben tausende Menschen, die mit diesen Stoffen bzw. dem entsprechenden Milieu konfrontiert werden.
Hygan-Laboruntersuchungen haben ergeben, daß bei den kontaminierten Archivalien eine hohe Belastung vor allem der Gattung Penicillium vorhanden ist. Diese kann so hoch sein, daß Allergien ausgelöst und vorhandene Allergien verstärkt werden. Hygan strebt deshalb nach Sterilisation und Entwesung von Archivalien den problemlosen, normalen Umgang mit dem Material an.
Für Archive und andere Institutionen ist die Bekämpfung von Schimmelpilz in Archivalien problematisch, zeitintensiv und aufwendig. Deshalb ließ das Brandenburgische Landeshauptarchiv in Potsdam 1996 größere Mengen unterschiedlich mit Schimmelpilz behaftete Materialien dekontaminieren. Dabei war grundsätzlich zunächst zu klären, in welcher Form der Pilz einschließlich Sporen sicher, effektiv, ökonomisch sinnvoll und für einen öffentlichen Auftraggeber bezahlbar abgetötet werden kann. Außerdem dürfen die Archivalien durch das Verfahren nicht einem vorzeitigen Alterungsprozeß unterworfen werden. Um dieses zu erreichen, fiel die Entscheidung zugunsten der Ethylenoxid-Sterilisation (Begasung).
Das Resümee nach intensiver einjähriger Aktivität war vorrangig, daß die Abtötung von Schimmelpilz und Sporen in größeren Mengen und eine anschließende weitestgehende Entwesung des Materials problemlos möglich ist. Mehrere professionelle Untersuchungen und Gutachten 1996/97 von akkreditierten Laboratorien haben eindeutig ergeben, daß spätestens zehn Wochen, z.T. bereits drei Wochen nach der Kaltsterilisation (Begasung) mit Ethylenoxid in den Archivalien keine Rückstände des Wirkstoffes mehr nachweisbar sind.